© 1924 Filmarchiv Austria

Robert Wiene: Orlacs Hände (DE 1924) - UA

Dienstag, 21. November 2023, 19.30 Uhr
Klangforum Wien - Wiener Konzerthaus, Wien

Der Film gehört zu Klassikern des Horrorfilms, halb Kunstfilm, halb Splatter-Film: ein Pianist  gerät in die Fänge eines gerissenen Verbrechers, der den psychisch labilen Künstler auf einen Horrortrip schickt und ihn zum vermeintlichen Mörder seines Vaters werden lässt. ORLACS HÄNDE ist mit den beiden Stummfilm-Ikonen Conrad Veidt und Fritz Kortner als seinem sinistren Gegenspieler hochkarätig besetzt und markiert einen der Höhepunkte des expressionistischen Stummfilms.

Die neue Musik, geschrieben für Streicherensemble, zwei Klaviere und Sampler, erkundet die psychologische Entwicklung des Protagonisten, exemplifiziert an seinem, auf drei Instrumente verteilten Klavier: neben dem klassischen Klavier gibt es ein präpariertes Klavier, quasi ein ‚dunkles Schattenklavier, sowie einen elektronischen Sampler. Basis der elektronischen Klangerweiterung sind perkussive Klänge aus dem Innenraum des Klaviers, in denen die Schreckensbilder und Angstgefühle des Protagonisten nachschwingen. Johannes Kalitzke arbeitet in seiner Filmmusik durchaus traditionell mit Leitmotiven. Orlac wird z.B. durch die Paraphrasierung einer bereits im Film verankerten Nocturne von Chopin porträtiert; je nach dramaturgischer Situation wird diese Musik wie eine durchgehende “idee fixe” stetig verwandelt. Paul Orlac ist ein frühes Beispiel für einen traumatisierten „Untoten“ seines eigenen, medialisierten Erfolgs, Johannes Kalitzke hat sich mithilfe der Samples in den Kopf und die dunklen Räume des Paul Orlac hineinversetzt. Mit seiner Musik bringt er dem Publikum von heute nicht nur das phantastische cineastische Werk von Robert Wiene nahe, sondern lässt darüber hinaus die Suggestivität von Stummfilm als Kunstform erleben, die auf dem schmalen Grat von Traum und Wachbewusstsein angesiedelt ist.