Die Puppe

Deutschland 1919, 68 Minuten | HD-s/w-restaurierte Fassung

Während kurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges der Alltag der deutschen Bevölkerung mehr als düster war, entstand das leichtfüßige Märchen DIE PUPPE von Komödien-Star Ernst Lubitsch. Der vermögende Baron de Chanterelle will seinen Neffen verheiraten. Doch da der junge Mann wenig mit Frauen anzufangen weiß, flüchtet er sich ins Kloster. Als die Mönche von der Mitgift erfahren, unterbreiten sie Lancelot den Plan…. Das Lustspiel nach einer Operette von A. E. Millner lässt nichts von seiner Entstehungszeit erahnen, gerade weil sich Lubitsch dazu entschied, eine Geschichte losgelöst von Ort und Zeit zu erzählen. Zudem betont er durch die Art des Schauspiels, der Kulissen und Kostüme das Künstliche. Dadurch kreiert DIE PUPPE eine ganz neue, filmische Realität. Auch 100 Jahre nach seiner Uraufführung am 5. Dezember 1919 im Berliner Ufa-Palast am Zoo, bleibt DIE PUPPE originell und zeitlos.


Der Jüngling Lancelot ist ein überaus schüchterner Bursche und hat nicht die geringste Lust, zu heiraten. Umso größer ist sein Schreck, als sein Onkel, der Baron de Chanterelle, ihm sage und schreibe 40 Jungfrauen präsentiert, von denen Lancelot sich eine aussuchen soll. 40 Jungfrauen – das ist eindeutig zu viel für den armen Lancelot, und so ergreift er die Flucht an einen garantiert frauenlosen Ort: ins Kloster.

Als die Mönche von der Mitgift erfahren, die Lancelot bei vollzogener Hochzeit von seinem Onkel kassieren würde, überreden sie ihn, zum Schein zu heiraten – eine weibliche, aufziehbare Puppe. Lancelot willigt ein, die Mönche freuen sich auf die Mitgift, und alles scheint in schönster Ordnung zu sein – bis die Puppe kurz vor der Trauung zerbricht. Nun muss ganz schnell Ersatz her. Ossi, die muntere Tochter des Puppenmachers Hilarius, erklärt sich bereit, die undankbare Puppenrolle zu spielen, bis ihr Vater Ersatz geliefert hat. Lancelot ahnt nichts von der Maskerade, bis die "Puppe" ihn schließlich aufklärt, und Lancelot sich doch noch in ein "richtiges" Mädchen verliebt …

„Die Puppe“ (1919) von Ernst Lubitsch ist zuallererst gute und geschickte Unterhaltung, an dessen Rand auch experimentelle Elemente erscheinen (so die Vervielfältigung des Bildes). Ich suchte daher in der Musik nach Hilfsmitteln, die den Film ganz direkt unterstützen – es galt, seine gute Stimmung und seine zahlreichen ironischen Details zu betonen und letztlich auch die Lesbarkeit des Stummfilms zu erleichtern. Die zehn Instrumente verwenden das Handwerkszeug der neuen Musik wie Mikrotöne oder Klangfarbeneffekte, ebenso Loops, tonale Elemente und Halb-Zitate. So ist zum Beispiel die Musik zum Ball ein Mosaik aus bizarren Geräuschen und Fragmenten eines immerhin klassischen Menuetts. Und es gibt auch ein wirkliches Zitat aus Tschaikowskys „Eugen Onegin“, wenn auch in ironischer Brechung, da das Fagott in seinem höchsten Register verwendet wird.

Mosaik- und Hoquetus-Technik waren meine kompositorischen Schlüsselstrategien. Am meisten erfreut hat es mich, Musik zu Verfolgungsjagden zu schreiben. Meine Lieblingsrolle war der Junge, der Lehrling des Puppenmachers. Meine Lieblingsszene ist der Kampf in der Küche, bei dem unsere Schlagzeuger den Spaß hatten, das Zerspringen der vielen Teller darzustellen.

(Quelle: Verlag Breitkopf & Härtel)

Der Puppenkavalier

Filmmusik für Ensemble von Martin Smolka (2010) zum Stummfilm "Die Puppe" von Ernst Lubitsch (1919)

Besetzung:
1 fl(picc).0.1 cla(bcl).1 fg - 0.1 tpt.0.0 - 2 perc, 1 el.git, 1 akk - 1 vl, 1 cb

Uraufführung: Nürnberg, 10. April 2010

Martin Smolka (*1959 in Prag) studierte Komposition an der Prager Akademie der Künste sowie privat bei Marek Kopelent. 1983 war Smolka Mitgründer des Agon-Ensembles, das sich auf die musikalische Avantgarde der Gegenwart und
Vergangenheit konzentriert. Als künstlerischer Leiter und als Interpret (präpariertes Klavier) blieb Smolka bis 1998 mit dem Agon-Ensemble verbunden. 1996 verfasste er gemeinsam mit Petr Kofron die Buch- und CD-Veröffentlichung Grafické partitury a koncepty. Smolka lebt in Prag. Seine Werke werden jedoch überwiegend außerhalb Tschechiens aufgeführt. Zu den Auftraggebern zählen namhafte europäische Ensembles und Festivals. In Prag ist Smolka vor allem wegen seiner Oper Nagano bekannt, für die er 2004 den Alfréd-Radok-Preis erhielt. Seit 2003 unterrichtet Smolka Komposition an der Janácek-Musikakademie in Brünn. 2012 erhielt Smolka den Kompositionspreis derFondation Prince Pierre de Monaco.

Oswalda wurde als Tochter eines Gymnasiallehrers in Niederschönhausen (seit 1920 ein Ortsteil von Berlin) geboren. Der Vater starb, als sie vier Jahre alt war, sodass sie bei ihrer taubstummen Mutter aufwuchs. Nach dem Tanzunterricht bei Eva Peter als Primaballerina ging sie als Chortänzerin an ein Berliner Theater, wo sie 1916 von Hanns Kräly entdeckt wurde, der sie Ernst Lubitsch empfahl. Zwischen 1916 und 1920 drehte sie fast exklusiv mit Lubitsch rund ein Dutzend Filme, von denen die Mehrzahl heute als verloren gilt. Auch andere Regisseure wussten ihr Talent zu nutzen. Aufgekratzt, großspurig und schrill wurde sie zum Publikumsliebling, weshalb man sie bald schon als „die deutsche Mary Pickford“ bezeichnete. Neben Henny Porten und Asta Nielsen war sie „einer der ersten großen weiblichen Stars des deutschen Films.“

Im Jahr 1921 gründete Oswalda ihre eigene Filmgesellschaft Ossi-Oswalda-Film, die von ihrem damaligen Ehemann Gustav Freiherr von Kóczián-Miskolczy (in einer späteren Ehe Vater der Schauspielerin Johanna von Koczian) geleitet wurde. Regisseur der von ihr produzierten Filme wurde ihr Filmpartner Victor Janson. Ab 1925 war sie bei der Ufa unter Vertrag und spielte bis 1930 in rund 50 Stummfilmen mit.

Der Tonfilm bedeutete das Ende ihrer Filmkarriere. Im Jahr 1943 schrieb sie das Drehbuch zum Film Der Vierzehnte am Tisch (Čtrnáctý u stolu). Danach wurde es still um die ehemalige Stummfilmdiva. In ihren letzten Lebensjahren geriet der einst gefeierte Star in Vergessenheit. Sie starb völlig verarmt 1947 in Prag. Begraben wurde sie auf dem Olšany-Friedhof in Prag.

(Quelle: Wikipedia)


Credits

  • Regie:
    Ernst Lubitsch
  • Drehbuch:
    Hanns Kräly, Ernst Lubitsch
  • Kamera:
    Theodor Sparkuhl
  • Schauspieler:
    Ossi Oswalda (Ossi Hilarius), Hermann Thimig (Lancelot), Victor Janson (Hilarius), Jakob Tiedke (Prior), Gerhard Ritterband (Lehrling bei Hilarius), Ernst Lubitsch (Regisseur der Anfangszene) u.a.
  • Restaurierung (2009):
    Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
  • Musik (2010):
    Martin Smolka (Auftragswerk von ZDF in Zusammenarbeit mit Arte)
  • Redaktion:
    Nina Goslar, ZDF
  • Produzent:
    Thomas Schmölz, 2eleven music film

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