Weltstadt in Flegeljahren. Ein Bericht über Chicago

Deutschland 1931, 62 Minuten | HD-s/w-restaurierte Fassung

Wie Walter Ruttmann in seinem kanonischen Film ‚Berlin. Die Sinfonie der Großstadt‘,nimmt sich auch Heinrich Hauser mit Chicago eine pulsierende Großstadt vor, deren Lebensrhythmus er filmisch erkundet. Beide Regisseure stellen den modernen Alltag als ein dynamisches Spiel der Bewegung dar, eine Bewegung im Gleichtakt von Maschine und Mensch, von städtischem Verkehr und Produktionsabläufen der Fabrikarbeit. Wo Ruttmann in seinem sinfonisch gebauten Film den ‚Rausch der Bewegung‘ darstellt, bezieht sich Hauser auf die soziale Lebenswirklichkeit der amerikanischen Großstadt. Mit ‚Weltstadt in Flegeljahren. Ein Bericht über Chicago‘ schuf Heinrich Hauser einen der Klassiker des internationalen Dokumentarfilms.


Der Film Weltstadt in Flegeljahren. Ein Bericht über Chicago umfasst fünf Akte. Jeder Akt ist einem Thema gewidmet:

1. Das Leben auf und um den Mississippi
2. Der großstädtische Verkehr
3. Einsatz der Maschine und ihre beherrschende Stellung in der Produktion
4. Die Folgen der Technisierung
5. Die Freizeit der Großstadtbewohner.

Die neue Musik von Andy Miles für Orchester und einen satten Bläsersatz ist im Stil des traditionellen Chicago-Jazz angelegt und erweitert im Lauf des Films dieses Klangspektrum zum Modern Jazz. Damit schlägt die Musik die Brücke zwischen der Entstehungszeit des Films zu Beginn der 1930er Jahre und heute, sie akzentuiert die Montage, reagiert auf verborgene Details und unterstreicht die Modernität von Heinrich Hausers Film, der mit genauem Blick die sozialen Gegensätze der Metropole Chicago und ihrer Menschen registriert. Es ist der Puls dieser boomenden Stadt, einer Stadt voller Gegensätze und großer Versprechen, den die Musik wieder hörbar und erlebbar macht.

Chicago - Weltstadt in Flegeljahren

Musik für Jazz-Orchester zum gleichnamigen Stummfilm von Andy Miles (2020).

Besetzung:

2(picc,alto).0.2(1.Soprano-,Alto-,TenorSax; 2.BCla,BaritonSax).2 - 4.2(trumpet in Bb).3(1. u.2. TenorTrb, 3. BTrb) - Drumset, 3 perc, Jazz Doublbass - Strings (min. 4.3.2.2.1)

Percussion with: susp. cymbal, chimes, Tamtam, snare, cowbell, woodblock, small toms (or roto toms) , gran casa, templeblock (4), shaker, whistle (Trillerpfeife), Xylophon, Schellenring, tambourine, claps or wood whip, triangel, typewriter, Klangholz (Claves), Bongos, Donnerblech (thunder sheet), windchimes, car horns (3), Vibraphon, Kastagnetten, ratchet, bells (Schiffsglocken), piatti, metal trash, guiro.

Andy Miles studierte klassische Klarinette in Bremen und Hannover, u. a. bei Prof. H. Pallushek. Als einer der jüngsten Klarinettisten wurde er 1991 Soloklarinettist der Hamburger Philharmoniker. Später wechselte er nach Köln an die Soloposition des WDR Funkhausorchesters Köln. Neben seiner Tätigkeit im WDR Funkhausorchester tritt Andy Miles sowohl in Kammermusik- Formationen wie auch solistisch international auf und spielt mit Orchestern wie den Duisburger Philharmonikern, dem Kammerorchester St. Petersburg, der Slowakischen Sinfonietta, dem Izmir State Symphony Orchestra oder den Peking Symphony Orchestra. Immer wieder sprengt er musikalische Grenzen. Seine Vergangenheit als Saxophonist in Rockbands, als Tinwhistlespieler in Folkbands, als Klarinettist in diversen Jazzformationen und nicht zuletzt als Soloklarinettist in traditionellen Orchestern ermöglicht ihm, sich in verschiedensten Musikgattungen zu bewegen.

Heinrich Hauser (1901-1955)

Der Sohn eines Berliner Arztes wurde 1918 Seekadett. Danach übte Hauser die verschiedensten Berufe aus und zeitweilig Matrose, Bergmann, Fotograf und Techniker. Nach ersten beruflichen Erfahrungen als Mitarbeiter der „Frankfurter Zeitung", begann Hauser ab l92O zu schreiben und trat 1925 mit seinem expressionistischen Roman Das zwanzigste Jahr (Potsdam) an die Öffentlichkeit. Der literarische Durchbruch gelang ihm mit seinem Roman Brackwasser (Leipzig 1928), für den er 1929 den Gerhart-Hauptmann-Preis erhielt. Es folgte der Roman Schwarzes Brevier (Berlin 1930), eine Beschreibung der Stahlindustrie des Ruhrgebiets. Ein weiterer Schwerpunkt in Hausers literarischem Schaffen sind seine Reiseberichte wie Feldwege nach Chicago (Berlin 193I) oder seine mehrfach aufgelegte Reportage Australien. Der menschenscheue Kontinent (Berlin 1938). 1938 emigrierte Hauser in die USA, wo er in Büchern wie The German talks back (New York 1945) seinen Widerstand gegen Hitler aus konservativer Sicht artikulierte. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war Hauser 1949 Redakteur bei der Illustrierten Stern in Hamburg. Er drehte 1931 zwei Filme: Die letzten Segelschiffe und Weltstadt in Flegeljahren. Ein Bericht über Chicago.


Credits

  • Regie, Drehbuch, Kamera:
    Heinrich Hauser
  • Produktionsfirma:
    Naturfilm Hubert Schonger, Berlin
  • Musik:
    Andy Miles (Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit Arte)
  • Redaktion:
    Nina Goslar
  • Produzent:
    Thomas Schmölz
  • Produktion
    2eleven music film

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